Eine Fledermausnacht in Schwerte |
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Ein Spätsommerabend im September. Wir stehen
pünktlich um 19.00 Uhr an der alten Weide unterhalb der Ruhrbrücke
in Schwerte-Villigst, denn etwa um 19.15 Uhr ist Sonnenuntergang: Dann
ist es Zeit, die aus den Tagesquartieren anfliegenden Abendsegler nicht zu verpassen!
Unser Fledermausdetektor ist auf die Frequenz um 25 kHz eingestellt – und schon
hören wir die für uns durch die Detektorumwandlung hörbar gemachten
Orientierungsrufe der Abendsegler: "Plip, Plop ...". Aus ungefähr
30, 40 Metern Höhe kommen sie zum Wasserlauf der Ruhr heruntergeflogen. Die
Echoortungsrufe, die schmalen Flügel und der keilförmige Schwanz lassen
sie uns eindeutig bestimmen. Nun heißt es, die Anzahl festzustellen, doch
das ist manchmal nicht leicht, denn mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/Std.
jagen die Tiere nach den Insekten! Heute abend zählen wir nur bis zu drei
fliegende Abendsegler, tragen die Anzahl in unser Beobachtungsbuch ein und vergessen
auch die genaue Uhrzeit der ersten Flugbewegung und die gesamte Beobachtungsdauer
nicht.
Denn wir beteiligen uns an dem Forschungs-
und Entwicklungsvorhaben "Unternehmungen und Empfehlungen zur Erhaltung
der Fledermäuse in Wäldern" des Bundesamtes für Naturschutz.
Seit 1996 zählen Fledermausschützer und -forscher in fast allen Bundesländern
an genau festgelegten Tagen an immer gleichen Jagd- oder Durchzugsgebieten Abendsegler.
So sollen die Wanderbewegungen dieser fernziehenden Fledermausart und auch der
Bestand bundesweit ermittelt werden mit dem Ziel, Lebensräume zu erhalten
bzw. zu verbessern. In den nächsten Jahren beginnt ein Projekt zum Schutz
der Hausfledermäuse, an dem sich hoffentlich wieder viele Naturschützer
beteiligen werden!
Heute wollen wir aber auch herausfinden,
ob außer den Abendseglern noch andere Fledermäuse fliegen. Die Lehramtsanwärterin
aus einer Schule in Dortmund möchte mit Schülern einer 4. Klasse die
fliegenden Insektenjäger hören und sehen, um ihre Prüfungsstunde
über Fledermäuse vorzubereiten. Einige Eltern sind auch mitgekommen.
Es ist schon spät im Jahr, so daß wir alle voller Spannung warten
und, ein Aufschrei der Schüler: "Direkt an unserer Nase vorbei ist
eine viel kleinere Fledermaus geflogen!" Wahrscheinlich ist es eine Rauhhautfledermaus
aus den Kästen, die an der Birkenreihe am Ruhrfeldgraben hängen und
in denen sie den Tag verschlafen. Hier haben wir im Laufe des Jahres bei elf
Kontrollen bereits 106 Individuen dieser ebenso wie die Abendsegler fernwandernden
Fledermausart gefunden, als höchstes an einem Tag 45 Tiere in sechs Kästen.
Noch einige Male jagt die Fledermaus in unserer Nähe, immer entlang der
Hochstauden am Ufer, an denen Nachtfalter Nahrung suchen und jetzt Beute der
Fledertiere werden. Schon sehen wir wieder ein besonderes Schauspiel, wie für
die Schüler bestellt, die auf Klappstühlen am Uferrand sitzen: Auf
der "Bühne Wasserlauf der Ruhr" trinkt eine Fledermaus, indem
sie mit dem Mund Wasser schöpft, elegant kurz auf die Wasseroberfläche
hinuntergleitend!
"Hast Du das Looping gesehen?"
ruft ein Schüler plötzlich begeistert: "Der Abendsegler macht
ja ein richtiges Looping!" Und jetzt hören wir besonders gleichmäßige
Laute aus dem Lautsprecher des Detektors und sehen einen Abendsegler in einem
"Schauflug" mit geringem Flügelschlag vor dem Abendhimmel dahinsegeln.
Ob ein Männchen wohl einem Weibchen imponieren will?
Zu schnell wird es dunkler und vor
dem Hintergrund der Viehweide sind die Fledermäuse kaum noch zu sehen,
nur zu hören. Auch die Rufe der Abendsegler werden immer seltener. "Sie
haben tüchtig gefressen, brauchen ja auch viel Fettvorrat für den
Winterschlaf!": Die Schüler haben sich vor der Exkursion gut in den
Sachbüchern informiert!
Langsam wird es uns kalt, und wir spüren
die unangenehmen Stiche der Mücken. Doch alle möchten noch die Wasserfledermaus
hören und sehen. Mit weiß aufleuchtender Bauchseite zieht sie ihre
Bahn bis ungefähr 30 Zentimeter über der Wasseroberfläche. Im
Lichtstrahl einer Taschenlampe können wir die vielen Insekten "tanzen"
sehen, eine fette Beute für die Wasserfledermaus. Im Ultraschallbereich
um 45 kHz sendet sie ihre Rufe aus, fängt dann die ins Wasser gefallenen
Insekten mit den Füßen, um sie im Weiterflug ganz schnell zu verspeisen.
Da ist auch schon eine zweite Wasserfledermaus zu sehen! Im Detektor hören
sich die Töne gleichmäßig wie die einer Nähmaschine an.
Und jedes Mal, wenn die Töne lauter werden, können die Kinder beide
Tiere durch den Lichtstrahl jagen sehen. "So spannend hatten wir uns einen
Fledermausabend doch nicht vorgestellt! Bloß gut, daß es Vampirfledermäuse
nur in Mittel- und Südamerika gibt!"
Die Kinder, die Referendarin, die Eltern
und natürlich auch wir sind sehr zufrieden, daß hier bei uns in Schwerte
eine so wunderbare Naturbeobachung möglich ist: An diesem Abend waren es
gleich drei von insgesamt sieben Fledermausarten, die wir in Schwerte bisher
feststellen konnten.
Irmgard Devrient
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