Welche Kamera darf es sein?  

Kompakt- oder Systemkamera?

Da möchte man in die Naturfotografie einsteigen, die zweifellos zu den anspruchsvollsten Bereichen des Fotografierens gehört und wird mit einer schier unübersehbaren Fülle verschiedenster Kameramodelle verwirrt. Ich möchte versuchen, etwas Ordnung in den Dschungel der Möglichkeiten zu bringen - natürlich mit meiner ganz persönlichen Meinung.

Kompaktkameras
Wer vor allem "Selfies" oder Familie knipst, der wird sein Immer-dabei-Smartphone ohnehin benutzen. Die Kompaktkamera bietet durch den erweiterten Brennweitenbereich schon zusätzliche Möglichkeiten. Für Tieraufnahmen sind sie wegen der zu kurzen Brennweite nur sehr bedingt geeignet.

DSLR-Kameras (Digital Single Lens Reflex)
Die Spiegelreflex-Systemkamera ist vergleichsweise groß und schwer. Die Möglichkeit, Wechselobjektive einzusetzen, die Bildschärfe auf der Mattscheibe zu kontrollieren, den Nahbereich fast beliebig einzustellen und die weitgehenden Möglichkeiten von Handeingriffen machten sie vor allen anderen Apparaten zum idealen Werkzeug für den ambitionierten Naturfotografen - bis die Spiegellosen kamen.

Spiegellose Systemkameras
Sie arbeiten ähnlich wie Superzoomkameras, jedoch haben sie größere Sensoren wie bei DSLRs und es lassen sich die Objektive wechseln. Dem Vorteil der ruhigeren Auslösung ohne Spiegelschlag steht der Nachteil der schwierigeren Nachführung bewegter Objekte im Sucher gegenüber - wie bei Bridgekameras. Der Verzicht auf die Spiegelmechanik schlägt sich im Preis nicht nieder.

Superzoomkameras
Als Brücke zwischen den Extremen liegt der Kompromiss in Form der Digitalkameras mit fest eingebautem Zoom-Objektiv mit großem Brennweitenbereich, einem äußeren (hoffentlich) schwenkbarem Display und einem zweiten, das im Sucher eingebaut ist. Die Preise liegen meist zwischen 300 und 1000 EURO. Im Telebereich kommen einige bis zu beachtlichen 1200 mm (z.B. Canon SX50) oder sogar bis 3000 mm (Nikon P1000).Als Chipgröße scheint sich 1/2,3" (6,2x4,6 mm) durchzusetzen mit entsprechendem Bildrauschen.
Andererseits ist ein kleiner Sensor Voraussetzung, um handliche, leichte Kameras mit Objektiven bis zu hoher Telebrennweite überhaupt bauen zu können. Eine weitere Eigenart der kleinen Sensoren soll nicht verschwiegen werden. Der Diafotograf war es gewohnt, bei offener Blende eine Blume oder einen Vogel vor unscharfem Hintergrund "freizustellen". Das ist bei Kameras mit kleinem Sensor nur bedingt möglich.
Dafür ist die Tiefenschärfe ein großes Plus bei Makroaufnahmen. Es ist ein oft gehörtes Vorurteil, dass sie für die Naturfotografie nichts taugen. Es kommt halt auf den Verwendungszweck der Fotos an. Dazu mehr im nächsten Absatz und unter "Naturfotografie mit der Superzoomkamera".

Was habe ich vor mit meinen Fotos?
Diese Frage sollte sich eigentlich jeder zunächst stellen, der eine neue Kamera kaufen will. Wer Erinnerungen fürs Album knipst, braucht nur sein Smartphönchen oder eine Kompakte. Sind Telemotive wie Tiere angesagt, leistet die Superzoom-Bridgekamera bessere Dienste. Sollen die Bilder auf dem Fernseher angeschaut werden, als Druck an die Wand gehängt, ins Internet gestellt oder mit dem Beamer einer größeren Gruppe gezeigt werden, reicht dieser Kameratyp im Grunde völlig aus.

Megapixel helfen verkaufen:
Je mehr Megapixel um so "besser" die Kamera. So will es uns die Werbung weismachen und viele "Journalisten" blasen ins gleiche Horn. Da setzt man doch voraus, das auch das eingebaute Objektiv und die Kamerasoftware dazu passen. Misstrauen ist hier angesagt! Machen Sie einen einfachen Test: Fotografieren Sie ein detailreiches Objekt bei hellem Licht mit Stativ - also unter optimalen Bedingungen bei niedrigster ISO-Zahl und mit höchster Auflösung. Speichern Sie das Bild auf dem Computer und rufen Sie es mit Ihrem Betrachtungsprogramm auf. Was Sie jetzt sehen, hat die Grafikkarte so heruntergerechnet, dass es auf den Bildschirm passt. Das Bild wirkt gestochen scharf. Klicken Sie nun auf 100% Größe wird ein Bildausschnitt gezeigt, bei dem jedem Kamerapixel ein Monitorpixel entspricht. Wenn in Ihrer Kamera alles gut aufeinander abgestimmt ist, sollte der Ausschnitt fast* wie ein normal scharfes Bild aussehen. Lassen Sie sich überraschen. Das ist übrigens ein einfacher Test, den Sie vor dem Fotogeschäft mit kürzester, mittlerer und längster Brennweite und verschiedenen ISO-Einstellungen machen sollten, bevor Sie eine neue Kamera kaufen (Speicherkärtchen mitbringen). Sie kennen dann die Grenzen der Kamera - und Sie wissen was Rauschen bedeutet.
*) Je nach Kamera sind max. 80% der theoretisch darstellbaren Linien pro Bildhöhe möglich - und das auch nur in Bildmitte. Beispiel Kamera mit 12 MPx. Bildhöhe 3000 Px.: Theoretisch sollten 3000 Linien/Bildhöhe gezeigt werden, max. möglich sind 80% von 3000 = 2400 Linien. Praktisch erreicht werden bei den kleinen Sensoren mit dicht gepackten Pixeln von Kompakt- und Bridgekameras zwischen 1000 und 1600 Linien. Natürlich spielt dabei auch die Qualität des Objektivs eine entscheidende Rolle.