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    | Wasseramsel |  |  |  
 Die Wasseramsel in Schwerte Dieser Aufsatz erschien in der Zeitschrift Charadrius 39, 
  Heft 1-2 2003: 95-98 unter dem etwas unhandlichen Titel: Bestandsentwicklung der Wasseramsel (Cinclus cinclus) 
  im Raum Schwerte zwischen 1981 und 2002 im Raum Schwerte in Abhängigkeit vom Angebot unterschiedlicher 
  Nisthilfen
 Von KURT STAEDTLER, KLAUS BREMSHEY & IRIS HEYNEN 
   
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    | Wasseramsel am Refflingser Bach. |  Zusammenfassung Zwischen 1981 und 2002 ist für die Wasseramsel in einem 
  Bachsystem der Ruhr bei Schwerte (NRW) aktive Nisthilfe betrieben worden. Akzeptanz 
  und Effizienz in Bezug auf Brutplatzwahl und Populationsentwicklung wurden für 
  Nistkästen unterschiedlicher Bauweise dokumentiert und ausgewertet. Der 
  Versuch, mit getarnten Baumkästen Brutpaare anzusprechen, scheint als eigenständige 
  Artenschutzmaßnahme fehlgeschlagen zu sein. Eine temporäre Zuwanderung 
  von Wasseramseln in das Untersuchungsgebiet steht möglicherweise im Zusammenhang 
  mit einem Totalverlust an Lebensraum durch den Aufstau der nahe gelegenen Wupper-Talsperre. Summary 
   
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    | Lebensraum der Wasseramsel - hier der Wannebach bei Tiefendorf 
      - mit getarntem Baumkasten (Pfeil). |  Population development of White-throated Dipper (Cinclus cinclus) 
  in the Schwerte region of the German federal state of North Rhine-Westphalia 
  between 1981 and 2002 and its dependence on the availability of artificial nest 
  constructions. In a stream systern near Schwerte artificial 
  nesting constructions have been provided for White-throated Dipper between 1981 
  and 2002. Acceptance and efficiency in relation to breeding site choice and 
  population development were documented and evaluated for different types of 
  nest box. The attempt to appeal to prospecting breeding pairs by offering camouflaged 
  nest boxes was an apparent failure. A temporary immigration of White-throated 
  Dippers into the survey area is possibly connected with the total loss of habitat 
  arising from the damming of the nearby Wupper river valley. Einleitung  
  
    | Die Wasseramsel ist eine eng an ihren Lebensraum 
      angepasste Vogelart. Da sie ihre Nahrung ausschließlich in Fließgewässern 
      findet, reagiert sie empfindlich auf Veränderungen der Wasserqualität 
      und ist somit eine geeignete Indikatorart für Gewässerbelastung. 
      Auch das Nest wird stets in unmittelbarer Nähe des Wassers gebaut. 
      Die Neststandorte sind dabei vielfältig - oft nutzt die Wasseramsel 
      vom Menschen geschaffene Strukturen |  wie Brücken oder Mauern in Bach- oder Flussnähe, 
        um in einer geeigneten Nische zu brüten. Wo solche Nistgelegenheiten 
        fehlen, nimmt die Wasseramsel auch künstliche Nisthilfen an. In der 
        Roten Liste für Nordrhein-Westfalen (GRO & WOG 1997) wird die 
        Wasseramsel als "derzeit nicht bedroht, aber von Naturschutz-Maßnahmen 
        abhängig" eingestuft (Zusatzkategorie N); ihr Bestand wird in 
        NRW auf 1.500-2.500 Brutpaare geschätzt. |  Material und Methoden 
   
    | Das Untersuchungsgebiet der Arbeitsgemeinschaft Ornithologie 
        und Naturschutz - AGON Schwerte - liegt am östlichen Rand des Ruhrgebiets 
        im Übergangsbereich des Süderberglands und der Ausläufer 
        des Ardeygebirges, welches die südliche Grenze der Westfälischen 
        Bucht bildet. In dieser Studie wurden die Fließgewässer im 
        Einzugsbereich der Ruhr auf der Basis des MTB 4511 Schwerte bearbeitet 
        (Abb. 1). Diese liegen zwischen 100 und 250 m ü. NN und sind nach 
        der Gewässerkarte von 2000 des Kreises Unna zumeist gering (I-II) 
        oder mäßig (II) belastet. Nur Gehrenbach und Mühlenstrang 
        sind kritisch belastet (II-III). Die Wasseramsel hat hier ihre nordwestliche 
        Verbreitungsgrenze, wobei aus den 1970er Jahren nur einzelne Wasseramselbeobachtungen 
        vorliegen und Bruten nicht bekannt wurden. 1981 wurde erstmals ein Wasseramselnest 
        in einem unter einer Brücke angeschwemmten Plastikeimer gefunden; 
        die ca. acht Tage alten Jungen waren tot. Dieser Brutnachweis gab den 
        Anstoß zu dem Versuch, im Rahmen einer Langzeituntersuchung den 
        Bestand der Wasseramsel durch das gezielte Anbieten künstlicher Nistgelegenheiten 
        zu stabilisieren (STAEDTLER & BREMSHEY 1988). Dabei kamen drei Typen von Nistkästen zum Einsatz: 
        Eternit- bzw. Faserbetonkästen (FK), Holzkästen (HK) und Baumkästen 
        (BK). Mit Unterstützung des Umweltamts Unna wurden erstmals 1982 
        zehn Faserbetonkästen (Fa. Schwegler) beschafft und an geeigneten 
        Stellen, vorwiegend unter Brücken, angebracht. Seit 1983 ist die 
        Zahl der Nisthilfen nach und nach durch selbstgebaute Holzkästen 
        erweitert worden (BWW 1990, JOST 1970). Ab 1984 wurden in Bachabschnitten, 
        die keine oder zu niedrige Brücken aufwiesen, |  Abb. 1: Das Gewässernetz im Stadtgebiet Schwerte
 weitere Holzkästen an Bäumen, Baumstümpfen 
        und unter Wurzelballen angebracht.Diese "Baumkästen" waren 
        mit Erde, Baumrinde und Moos so verkleidet, dass sie im Gelände kaum 
        auffielen. Ausgehend von zehn Kästen im Jahr 1982 wurde die Anzahl 
        der Nisthilfen rasch ausgebaut und bewegte sich über 19 Jahre hinweg 
        (1984-2002) stets zwischen 28 und 46 Kästen (Abb. 2). Der Anteil 
        der drei Kastentypen am Gesamtangebot verschob sich während dieses 
        Zeitraums. Da nach 1982 keine Faserbetonkästen mehr angeschafft wurden, 
        nahm deren Anzahl durch Ausfälle stetig ab. Die Zahl der Holzkästen 
        wuchs zunächst bis 1985 auf 27 an, um dann gegen Ende des Beobachtungszeitraums 
        wieder abzunehmen. Die Anzahl der Baumkästen blieb dagegen relativ 
        konstant (Abb. 2).   |  
  
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    | Abb. 2: Anzahl angebotener Nistkästen 
      von 1981-2002 (BK=Baumkasten, HK=Holzkasten, FK=Faserbetonkasten). | Abb. 3: Anzahl der registrierten 
      Wasseramselbruten und Grad der Nistkastenbelegung. |  Ergebnisse 
   
    | Beginnend mit der 1981 beobachteten ersten Brut stieg 
        die Anzahl der registrierten Erst- und Zweitbruten bis 1989 parallel zum 
        wachsenden Kastenangebot an, ging dann aber wieder zurück, obwohl 
        nach wie vor viele Kästen zur Verfügung standen (Abb. 3). Dabei 
        betrug die Anzahl der Zweitbruten max. 5 von 23 im Jahr 1989 und ging 
        danach ab Mitte der 1990er Jahre auf Null zurück. Parallel zur Anzahl 
        der jährlichen Bruten verlief auch der Auslastungsgrad der Nistkästen. Um eine Bevorzugung eines Kastentyps zu erkennen, wurde 
        wegen deren unterschiedlicher Verfügbarkeit eine Standardisierung 
        vorgenommen. Dazu wurde der Quotient aus dem prozentualen Anteil der Bruten 
        in dem betreffenden Nisthilfentyp und dem prozentualen Anteil dieses Typs 
        am Gesamtangebot gebildet. Dadurch erhält man einen "Akzeptanzwert", 
        der eine über- (Werte >1) oder unterdurchschnittliche (Werte <1) 
        Nutzung eines Kastentyps anzeigt. Die Akzeptanzwerte weisen starke Schwankungen 
        auf, die zumindest bei den Faserbetonkästen zum Teil wahrscheinlich 
        auch auf den geringen Stichprobenumfang zurückzuführen sind 
        (Abb. 4). In den ersten Jahren wurden die Faserbetonkästen bevorzugt, 
        in der zweiten Hälfte des  |   Abb. 4: Nach Anteil des Kastens am Gesamtangebot standardisierte 
        Verteilung der Bruten auf die Kastentypen. Der "Akzeptanzwert" 
        wurde ermittelt als der Quotient aus der relativen Häufigkeit, mit 
        der ein bestimmter Kastentyp gewählt wurde, und dem Anteil dieses 
        Kastentyps am gesamten Nisthilfenangebot (ohne Naturbrut).
 
 Untersuchungszeitraums die Holzkästen. Die frei stehenden 
        und trockeneren Baumkästen wurden dagegen im gesamten Zeitraum unterdurchschnittlich 
        genutzt.
 |  Diskussion  
  
    | Mit wachsendem Nistkastenangebot stieg zunächst 
        auch die Anzahl der Wasseramselbruten pro Jahr sowie die Auslastung der 
        Brutkästen an. Ab ca. 1991 ist trotz bleibender Verfügbarkeit 
        einer großen Anzahl von Nisthilfen ein langsamer Rückgang der 
        Wasseramselbruten und damit der Auslastung festzustellen. Die Ursache 
        dafür ist unklar, da nach der Gewässergütekarte des Kreises 
        Unna und auch nach eigenen Beobachtungen fast alle Bäche im Untersuchungsgebiet 
        eine reichhaltige Tierwelt - vor allem Köcherfliegenlarven - besitzen. 
        Nahrung sollte also genügend vorhanden sein. Für eine Gewässerversauerung 
        (Vgl. ZANG 2003) liegen bislang keine Anhaltspunkte vor. Beim Vergleich der drei Kastenmodelle ist festzustellen, 
        dass Faserbetonkästen und Holzkästen gegenüber den Baumkästen 
        bevorzugt werden. Dies ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf den 
        vergleichsweise suboptimalen Standort der Baumkästen zurück 
        zu führen (frei statt unter einer Brücke) und könnte mit 
        dem geringeren Feuchtegrad und dem damit verbundenen größeren 
        Risiko für einen Befall mit Ektoparasiten zusammenhängen (vgl. 
        HEGELBACH & STUCKi 2003). Wie zu erwarten, werden für Prädatoren 
        schwer zugängliche Stellen für den Nestbau bevorzugt (CREUTZ 
        1986). Faserbetonkästen wurden vor allem in der ersten Hälfte 
        des Untersuchungszeitraums bevorzugt, später dann die Holzkästen. 
        Möglicherweise spiegelt dies Alterungserscheinungen bei den nie erneuerten |  Faserbetonkästen wider. Die Baumkästen wurden 
        dagegen nur zu Zeiten mit Brutbestandsmaxima genutzt, 
        weisen also eher auf pessimale Brutorte hin. Insgesamt scheint 
        es jedoch nicht gelungen zu sein, mit Hilfe von Nistkästen eine stabile 
        Population aufzubauen und zu stabilisieren. Da keine Daten zum Reproduktionserfolg 
        vorliegen, kann dieser nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Der Populationsverlauf lässt jedoch auf eine 
        Abhängigkeit von den Kernsiedlungsbereichen schließen. Von 
        hier aus wird offenbar das am Rande des Verbreitungsgebiets liegende Bachsystem 
        der Ruhr kolonisiert - aber auch wieder verlassen. In diesem Zusammenhang 
        gewinnen Beobachtungen von farbig markierten Wasseramseln aus dem Siedlungsgebiet 
        der Wupper zwischen Hückeswagen und Krebsöge, der jetzigen Wupper-Talsperre, 
        eine aufschlussreiche Bedeutung (MÖNIG 1993). So wurden zwischen 
        1988 und 1991 wiederholt farbig markierte Individuen der ehemaligen Population 
        dieses Wupperabschnittes oberhalb wie unterhalb der Talsperre gesichtet, 
        u.a. auch am Enderbach bei Wetter (FELLENBERG 1991). Die Ergebnisse des 
        vorliegenden Beitrags zeigen jedoch, dass die erzwungene Dismigration 
        aus einem aufgestauten Flussabschnitt mit immerhin 14 Brutrevieren andernorts 
        zu keiner nachhaltigen Neuansiedlung führte.
 
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    | Wasseramsel bei der Nahrungssuche im Reingser 
      Bach. Sie sucht unter Steinen... | ... nach Köcherfliegenlarven - hier in 
      einer Petrischale. Gefangene Larven... | ...werden auf den Stein geschlagen und so 
      vom Köcher befreit. Die erbeuteten... | ...Larven werden wie mit einer Grillzange 
      im Schnabel zum Nest gebracht. |  Literatur BUNDESAMT FÜR WASSERWIRTSCHAFT 
  BWW (1990): Hinweise zum Bau von Brutnischen für Wasseramsel und Bergstelze. 
  Bern. CREUTZ, G. (1986): Die Wasseramsel 
  Cinclus cinclus. A. Ziernsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt. FELLENBERG; W. (1991): 23. Ornithologischer 
  Sammelbericht für Westfalen. Charadrius 27: 88-96. GRO & WOG (1997): Rote Liste 
  der gefährdeten Vogelarten NordrheinWestfalens. Charadrius 33: 69-116. HEGELBACH, J. & S. STUCKI 
  (2003): Neststandort und Bruterfolg der Wasseramsel (Cinclus cinclus) und der 
  Befall mit Milben (Acari), insbesondere der Nördlichen Vogelmilbe (Ornithonyssus 
  sylviarum). Charadrius 39: 89-94. JOST, 0. (1970): Erfolgreiche 
  Schutzmaßnahmen in den Brutrevieren der Wasseramsel (Cinclus cinclus). 
  Angew. Omithol. 3: 101-108. MÖNIG, R. (1993): Veränderungen 
  der Avifauna eines Flußabschnittes durch Errichten einer Talsperre. Artenschutzreport 
  3: 31-36. STAEDTLER, K. & K. BREMSHEY 
  (1988): Bestandsentwicklung der Wasseramsel (Cinclus cinclus) durch Nisthilfen 
  im Raum Schwerte/Ruhr. Egretta 31: 38-41. ZANG, H. (2003). Zur Entwicklung der Wasseramsel-Population 
  (Cinclus cinclus) in Niedersachsen. Charadrius 39:79-88. Eingereicht (an Charadrius): 20.03.2003 Zusätzliche Fotos: AGON/Ackermann
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