Vögel fotografieren Teil 2  

Mit Stativ - und trotzdem unscharf?

Etwas über Schwingungsdämpfer für DSLR-Kameras

Kameragehäuse mit langem Tele werden immer möglichst nah am gemeinsamen Schwerpunkt aufs Stativ gesetzt. Das ist vom Objektivkonstrukteur schon so vorgesehen, damit die ganze Angelegenheit nicht plötzlich und unerwartet vornüber kippt. Außerdem wäre das Gewinde im Kameraboden und die Kamera sonst überfordert. Das Kameragehäuse steht also mehr oder weniger weit hinten über. Wenn Sie nun per Draht- oder el. Fernauslöser auslösen, klappt zunächst der Spiegel hoch, und zum Schluss klappt er wieder zurück. Am stärksten wirkt sich das Hochklappen des Spiegels aus. Ein altes vor allem bei Vollformatkameras auftretendes Problem, das schon bei der Diafotografie bekannt war, ignorieren die Kamerahersteller hartnäckig. Vielleicht beruht darauf der Erfolg der spiegellosen Systemkameras.
Wenn wir Schwingungen schon nicht vermeiden können, müssen wir versuchen, sie so gut wie möglich zu dämpfen. Eine Verbesserung bringt zwar der Bildstabilisator: er hilft aber eher gegen das Zittern unserer Hände, kaum aber gegen den Spiegelschlag. Also muss ein noch stabileres Stativ her und ein noch schwererer Kugelkopf? Ein stabiles Stativ und ein ordentlicher, niedriger, gut und zügig zu bewegender Kugelkopf sollten selbstverständlich sein. Aber eine weitere Steigerung bringt leider nicht den gewünschten Erfolg. Das System schwingt weiter. Wir müssen die Schwingungen also dort dämpfen, wo sie entstehen, nämlich an der Kamera.


Ein Kugelgelenk soll stabil sein, gut laufen und eine möglichst geringe Bauhöhe haben. Hier (6 cm) ein umfunktionierter Nivellierkopf.


Die Schaukel als Alternative zum Kinoneiger. Der Schwenkpunkt muss höher als der Kameraschwerpunkt liegen. (Beispiel mit Spektivanbau: D. Neuhaus)


Zweimal Schwingungsdämpfer: Links Burzynski Einbein-Telestütze, rechts Eigenbau am Berlebach Stativ.

Rainer Burzynski, ein Tüftler und Anbieter von Zubehör für die Naturfotografie bietet dazu eine Einbein-Telestütze an, die zwischen Kamera-Stativgewinde und der Mitte eines Stativbeins montiert wird. Das bringt schon einen Teilerfolg. Allerdings leitet die Stütze die Schwingung schräg ins Stativbein und die Horizontalkomponente bringt das Bein zum Schwingen. Setzen Sie einmal ein zweites Stativ unter die Kamera und das Problem ist gelöst. Leider ist es dann auch mit der Beweglichkeit vorbei. Also muss wieder mal ein Kompromiss her.
Ich hatte von einem alten Stativ mit ausziehbaren dünnen Beinchen eins amputiert, die zwei verbleibenden an den unteren Enden zweier Beine des großen Stativs in zwei Ebenen schwenkbar befestigt und oben mit einem kleinen, auf Reibung eingestellten Kugelkopf unter dem Kameragehäuse angeschraubt. Alles ließ sich, wenn auch etwas schwerer und etwas eingeschränkt, bewegen. Die Schwingungen sind (praktisch) verschwunden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gelenke kein Spiel haben und dass der Boden nicht federt, auf dem das Stativ steht.

Noch ein paar Tipps:

  • Stabile Stative gibt es in großer Auswahl. Es muss nicht unbedingt ein Sachtler sein für 1500 € mit Kohlefaserbeinen. Sehen Sie sich auch Gitzo, Manfrotto oder ein Holzstativ von Berlebach an. Vielleicht reicht sogar ein stabiles Leichtmetall-Vermessungsstativ aus dem Baumarkt?
  • Für die Superzoom-Bridgekamera darf es ruhig ein leichteres Stativ sein. Hier gibt es keinen klappenden Spiegel, der Schwingungen verursacht.
  • Sind Sie aus Gewichtsgründen mit mit der DSLR und einem zu leichten Stativ unterwegs, hängen Sie Ihren Rucksack darunter. Masse bringt Ruhe.
  • Ruhe und Schwingungsdämpfung können auch Ihre Hände und Ihr Kopf bringen, so merkwürdig das auch klingen mag. Sitzen Sie auf einem Stühlchen hinter dem Stativ, stützen Sie die Ellenbogen auf die Knie, nehmen die Kamera in die Hände und lösen Sie direkt am Gehäuse aus. Das geht bei gutem Licht sogar mit dem Einbeinstativ.
  • Für das Fotografieren aus dem Auto gibt es Autoscheibenstative (Burzynski, Ergorest, Novoflex usw.). Wer handwerklich einigermaßen geschickt ist, baut sein Scheibenstativ selbst und spart viel Geld (Bild siehe unten). Wenn Sie damit fotografieren, nehmen Sie den elektrischen Auslöser oder suchen Sie für beide Ellenbogen einen festen Halt. Letzteres ist im Auto allerdings leichter gesagt als getan.

Graureiher vor der Brutzeit als Horstbesetzer. Aufnahme vom Wanderweg über Werdohl mit 1200/16,0 auf Berlebach Holzstativ mit Schwingungsdämpfer wie oben rechts gezeigt.

Autoscheibenstativ nach dem Spechtprinzip. Das obere U-Profil hängt auf der Seitenscheibe, der untere "Stützschwanz" liegt an der Türinnenverkleidung. Die Aufnahme für den Neigekopf ist in Fahrzeuglängsrichtung wegen der Scheibenschrägstellung einstellbar. Auch recht nützlich: Auflagetisch für den Bohnensack. Fotografiert man durchs Fahrerfenster, halten die schmalen Schlitze den Tisch auf der Scheibe. Fürs Fotografieren durchs Beifahrerfenster umfasst der breite Schlitz eine stabile Latte, die auf dem Armaturenbrett und der Beifahrer-Sitzlehne aufliegt und gegen Kippen quer mit einer Leiste zum Fenster stabilisiert ist.

Gut versteckt ist halb gewonnen

Vögel halten einen Fluchtabstand ein, der größer oder kleiner sein kann. Hierzulande ist er eher größer. Der Mensch wird offenbar auf Grund schlechter Erfahrungen als Gefahr eingeschätzt. Wollen wir also einen Vogel selbst mit langer Brennweite abbilden, müssen wir den Fluchtabstand austricksen. Der Vogel darf uns nicht als Mensch erkennen. Das Auto wird als nicht ganz so beunruhigend empfunden wie der Fußgänger oder Radfahrer. Rastende Gänse und Kraniche weichen sofort zurück, sobald das Auto hält oder sogar jemand aussteigt. Balzende Birkhähne in der Hohen Rhön flogen sofort ab, als 100 m entfernte Beobachter aus dem Auto ausstiegen. Viele Vögel weichen aber leider schon aus, sobald ein Auto nur anhält. Ein waidgerechter Jäger schießt zwar (angeblich) nicht aus dem Auto. Eine Jagdzeitschrift empfiehlt aber, auf der Gegenseite auszusteigen und gedeckt durch das Fahrzeug über das Autodach zu schießen.

Baut man aber ein richtiges Versteck, wie es die Jäger mit ihren Ansitzschirmen an den Birkhahnbalzplätzen machten, so wird die Veränderung zwar zunächst untersucht, nach kurzer Gewöhnungszeit aber meist als ungefährlich eingestuft und akzeptiert. Selbst ein einfaches Zelt wirkt da schon Wunder. Tarnzelte für die Tierfotografie und vieles mehr finden Sie im Internet. Natürlich kann man das Zelt auch billiger selbst schneidern, aber praktischer und zeitsparend ist ein Zelt, das sich selbst aufstellt.


Auffälliges Versteck eines Wilddbiologen und Jagd-Ansitzschirm aus Fichtenzweigen am Birkhahn-Balzplatz in der Hohen Rhön.

Mit Netz und Zweigen getarntes Versteckzelt am Balzplatz des Auerhahns in Schweden. Rechts das Objektiv und eine Abspannung.

Rotschenkel vor dem Auto in Dänemark. Das Objektiv liegt auf der gepolsterten Scheibe, das Gehäuse auf einem Kantholz.

Während der umfangreichen Untersuchungen zum Lebensraumanspruch der Birkhühner in der hohen Rhön durch die Wildbiologische Gesellschaft München saß ich gelegentlich - natürlich mit Kamera auf dem Stativ - ab 5 Uhr morgens im Zelt am Balzplatz. Der Birkhahn, sagen Jäger treffend, hat "auf jeder Feder ein Auge", wenn sie die Vorsicht dieser Vögel beschreiben. Die Balz unterbrach ein plötzlicher Schneesturm. Einige Hähne duckten sich in Bodenmulden, einer aber kam zu meinem Zelt in den Windschatten und drückte sich, nur durch die Zeltbahn getrennt, an mein Bein bis das Unwetter vorüber war. Klar, dass ich mich so lange nicht bewegen durfte. Aber angenehm warm war es. Versuchen Sie heute in der Rhön auf keinen Fall mehr, an Birkhahnbalzplätzen anzusitzen oder zu beobachten. Das ganze Gebiet ist damals unter Naturschutz gestellt worden und die Ranger bitten gleich zur Kasse oder schreiben Anzeigen. Es war die einzige Möglichkeit, die Störenfriede, die sich nicht benehmen konnten, herauszuhalten.

Text und Bilder: Dieter Ackermann, Werkbilder der Hersteller und Anbieter
Aktualisiert Nov. 2006, Nov. 2010, März 2014, Feb. 2016

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